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Motto:
Die Landschaft ist für mich nach wie vor eine Inspiration. Die Landschaft und überhaupt die Natur, das ist für mich eine ewige Quelle, ein Ort, an dem ich auftanken kann.
Wenn ich im Geist meinen Weg als Maler von der Darstellung der Natur bis hin zu dem, was ich jetzt tue, durchgehe – und das Ganze dauert nun schon fünfzig Jahre – dann scheint mir, dass das einander nicht fremd ist, ich spüre darin dieselbe Vitalität, dieselbe Dynamik, wie ich sie hier in diesen Bäumen sehe, die unter den Fenstern wachsen. Meine Inspiration, meine Inspirationsqelle ist nach wie vor die Natur. Das gibt mir die Kraft, immer weiter zu arbeiten.
Zdeněk Sýkora im Gespräch mit Jaroslav Brabec bei den Dreharbeiten zu einem Porträt für den Zyklus Europäer (Evropané), Louny 2001
Die Landschaftsmalerei meines Mannes Zdeněk Sýkora spielt für seine Anhänger immer noch eine marginale Rolle – eine Ausnahme bilden allerdings seine ehemaligen Studenten und die Teilnehmer seines Malunterrichts im Kunstzirkel Louny, für die im Blick auf Sýkoras gesamtes Lebenswerk die Landschaftsbilder auf einer imaginären Rangliste die höchste Stufe einnehmen. Eine monothematische Ausstellung mit einem so engen Fokus zu veranstalten, war also von der Kunstgalerie Karlovy Vary ein mutiger Schritt, denn es lag auf der Hand, dass diese Konzeption bei Weitem nicht so viel Interesse finden wird wie die retrospektive Ausstellung in der Galerie der Hauptstadt Prag (18.2.–2.5.2010), die sich auf die Periode der Strukturen und Linien konzentrierte, also auf den Teil seines Werks, mit dem sich Zdeněk Sýkora nicht nur in Tschechien, sondern insbesondere in der internationalen Kunstszene einen Namen gemacht hat. Dass der Autor der Konzeption und der Kurator der Ausstellung Landschaft Jan Samec ist, ein Schüler Sýkoras, Absolvent der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität, seit einigen Jahren Direktor der Karlsbader Kunstgalerie und selbst Maler, ist sicher kein Zufall.
Ursprünglich sollte die Ausstellung zur selben Zeit stattfinden wie die Retrospektive in Prag, sie sollte also deren logische Fortsetzung bzw. ihren Ausgangspunkt bilden. Leider gelang es nicht, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen, und so fand die Ausstellung praktisch ohne jegliches mediales Interesse statt. Trotzdem fand sie ihr Publikum. Zu den Bewunderern und Kennern von Sýkoras Landschaftsmalerei gehört auch der Regisseur, Kameramann und Fotograf Jaroslav Brabec, ein langjähriger Freund der Familie. Schon bei der Vernissage tauschten wir uns über unsere Gefühle aus, die diese Konzentration künstlerischer Meisterschaft in uns hervorruft, insbesondere der erstmals ausgestellte, nahezu komplette Zyklus Gärten. Bei weiteren langen Diskussionen über die Ausstellung kam die Idee auf, sie mit der Kamera festzuhalten. Und weil sich kein Produzent fand, beschlossen wir, selbst einen kurzen Dokumentarfilm zu drehen, was auf der einen Seite Probleme mit sich bringt, auf der anderen Seite aber auch eine absolute schöpferische Freiheit bei den Überlegungen, was alles gezeigt und gesagt werden sollte. Wir wollten vor dem Hintergrund der Ausstellung verschiedene Facetten des künstlerischen Schaffens Zdeněk Sýkoras vorstellen – von realistischen über impressionistische und fauvistische bis hin zu nahezu geometrischen Werken – und mit diesen Beispielen die faszinierende Kraft seiner Malerei belegen.
Ein großes Erlebnis war für mich, als wir mehrere Motive in der Umgebung der Stadt Louny aufnahmen. Die Kamera ist – genauso wie das Auge des Künstlers – in der Lage, nur einen kleinen Ausschnitt der Wirklichkeit auszuwählen und zu zeigen und daraus ein wunderschönes Bild zu machen. In einem solchen Augenblick kann man sich vielleicht den Überlegungen eines Malers annähern, sich in seine Gefühle hineinversetzen, wenn er ein Motiv sucht oder wenn er ihm mit der leeren Leinwand gegenübersteht. Jaroslav Brabec wollte früher einmal Maler werden, deshalb genoss er diese Augenblicke in der Natur genauso wie das Auswählen von Details aus den fertigen Bildern in der Ausstellung.
Den Bildern des Dokumentarfilms stellten wir einen Text zu Seite – Jiří Štěpnička liest Ausschnitte aus einem Gespräch zwischen Zdeněk Sýkora und Jaroslav Brabec. Dieser Dialog wurde 2001 bei den Dreharbeiten zu einem Porträt für den TV-Zyklus Europäer (Evropané) geführt. Der Maler antwortete auf Fragen nach dem Sinn der einzelnen Etappen seines eigenen Schaffens, er verriet einige weniger bekannte Details, tat seine Ansichten zur Kunst im Allgemeinen kund und sprach auch über sein Privatleben. Jaroslav Brabec hatte damals ein mehr als einstündiges Gespräch aufgezeichnet, aber für die Sendung Europäer konnte er nur einen kleinen Teil davon verwenden. Es stand also genügend Material zur Auswahl, und die meisten Antworten, die im Dokumentarfilm Krajina (Landschaft) zitiert werden, sind dort zum ersten Mal zu hören. Ausgewählte Texte musste ich in Zusammenarbeit mit Veronika Hudečková sprachlich überarbeiten, denn Sýkoras gesprochenes Tschechisch ist manchmal nicht so ganz salonfähig. Jiří Štěpnička übernahm wiederum die Rolle des Vorlesers von Sýkoras Gedanken. Dabei fiel die Wahl nicht zufällig auf ihn – seine Stimme war schon in der Sendung Europäer zu hören gewesen.
Zu einem Dokumentarfilm wird das aufgezeichnete Material erst im Schnittraum, erst dort bekommen die Dinge ihren rechten Platz. Der Regisseur Jaroslav Brabec und der Schnittmeister Filip Issa haben schon an vielen Filmen zusammengearbeitet und sind ein eingespieltes Team. Die Atmosphäre und die Wirkung des Dokumentarfilms werden durch die Musik, die von Václav Vondráček, einem weiteren langjährigen Mitarbeiter des Regisseurs, stammt, noch gesteigert.
Es war wunderbar, aus der Nähe mitzuverfolgen (und gleichzeitig aktiv an diesem Prozess teilzunehmen), wie aus den einzelnen Teilen Schritt für Schritt ein Ganzes entsteht. Die Premiere des Dokumentarfilms fand in unserem Wohnzimmer statt. Mein Mann und ich saßen vor dem großen Bildschirm und verfolgten erstaunt die Abfolge herrlicher Bilddetails und die Musik mit ihren wunderschönen Motiven und ihrer melancholischen Stimmung klang noch mehrere Tage in uns nach. „So aus der Nähe habe ich meine Bilder noch nie gesehen“, scherzte ihr Urheber.
Lenka Sýkorová, 2011